Heftige Kursverluste hohes Handelsvolumen: Wer es zivil ausdrückt, spricht von Kurskorrektur, wäre es drastischer bevorzugt, benutzt Wörter wie „Crash“ und „Panik“, um das Börsengeschehen nach Verkündung der Trump-Zölle zu beschreiben. Auch wenn sich die Lage aktuell etwas beruhigt hat, die Minuszeichen sind noch da.
Seit Bekanntwerden der US-Zollpläne schwanken die Kurse heftig
Durch den Kursrutsch zu Wochenbeginn ist der Dax auf den tiefsten Stand seit Mitte September gefallen. Seit der Verkündung der US-Zollstrategie am vergangenen Mittwoch hat er in der Spitze 3900 Zähler eingebüßt. Was nach Crash klingt, relativiert der Chefvolkswirt des Deutschen Aktieninstituts Gerrit Fey, wenn er feststellt, dass der deutsche Leitindex inzwischen auf dem Stand vom Ende des letzten Jahres gelandet ist. Danach hatte er eine Tausendermarke nach der anderen passiert, was mit dem realen Geschehen wenig zu tun hatte. Die neue Zollrealität sorgt nun für einen heftigen Einbruch weltweit.
Parallel dazu steigen die Volatilitätsindizes dies- und jenseits des Atlantiks stark an. Sie signalisieren, welches Maß an Kursschwankungen die Finanzprofis kurzfristig erwarten. Indirekt gelten sie als Maß für den vorherrschenden Pessimismus. Das Maß für den deutschen Markt, der VDax, verzeichnete den stärksten Sprung auf Tagesbasis seit zehn Jahren.
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Aktienexperte beruhigt: Jetzt nicht in Panik verfallen
Für Anleger heißt das: Der Depot-Wert schmilzt. In Deutschland sind inzwischen mehr als zwölf Millionen Menschen am Kapitalmarkt investiert. Sie besparen ETFs und einzelne Wertpapiere - um Vermögen aufzubauen oder die eigene Altersvorsorge auf eine solide Basis zu stellen. Und wer nicht Nerven wie Drahtseile hat, schaut zumindest beunruhigt auf das, was gerade im eigenen Depot abgeht.
Norbert Kuhn vom Deutschen Aktieninstitut dämpft die Ängste und sagte jüngst auf web.de: Geldanlage am Kapitalmarkt sei mit einer Langstrecke vergleichbar. „Wer langfristig in Aktien, Aktienfonds oder ETFs investiert, braucht sich nicht wegen kurzfristiger Schwankungen verrückt zu machen". Kuhn verantwortet den Bereich Think Tank im Deutschen Aktieninstitut. Er beschäftigt sich unter anderem mit Aktien als Instrument zur Altersvorsorge. Langfristig, so kann er belegen, zeigten die Kurse immer nach oben. Wobei es natürlich auf kurze und auch auf mittlere Sicht zu Turbulenzen kommen könne. So wie jetzt.
Insbesondere die, die vorhatten, aus der Ansparphase in die Auszahlungsphase überzugehen, zählen ihr Geld. Denn in einem Börsencrash Aktien verkaufen zu müssen, tut doppelt weh. Daher ist eine rechtzeitige Reduzierung der Aktienquote ratsam, wenn man auf das Geld im Alter angewiesen ist und nicht mehr die Zeit hat, Krisen auszusitzen.
Trump zieht Zollpläne ohne Rücksicht auf die Amerikaner durch
Was die aktuelle Lage besonders macht: Die Verwerfungen sind jedenfalls vom US-Präsidenten politisch so gewollt. Er verspricht den Amerikanern ein goldenes Zeitalter. Sein Plan soll sein: Die Welt zahlt hohe Zölle, mit den Einnahmen senkt die Trump-Regierung die Steuern für Reiche und Unternehmen und löst so einen Boom im Inland aus. Fachleute halten das für illusorisch, aber Trump scheint fest entschlossen, diese Politik fortzusetzen. Dass die Aktienmärkte anders ticken, scheint ihn nicht zu stören.
Aber es stört die Anleger. Der weltweit wichtigste Aktienindex, der MSCI World, hat einen US-Anteil von mehr als 70 Prozent. Wenn Trump die US-Wirtschaft abwürgt, schlägt das auch voll im Depot von Sparerinnen und Sparern in Deutschland durch. Wer damit ein Problem hat, kann auf andere Fonds ausweichen oder sie im Depot beimischen. Es gibt Fonds und ETFs, die nur in Europa investieren, die Schwellenländer abdecken oder den asiatischen Raum. Zur Wahrheit gehört aber auch: In der Vergangenheit lief der MSCI World mit seinem Fokus auf USA und Tech sehr gut. Darauf zu verzichten, ist keine Alternative.
Aktien sind in vielen Ländern Teil der Altersvorsorge
DAI-Experte Kuhn ist es auch, der gemeinsam mit seiner Kollegin Henriette Peucker Aktien immer wieder als Instrument zur Altersvorsorge angepriesen hat. Die durchschnittlichen Geldvermögen pro Einwohner von 315.000 Euro (USA), 173.000 Euro (Schweden) und 172.000 Euro (Australien) seien Resultate einer überaus erfolgreichen Aktienanlage, auch über die Altersvorsorge. In Deutschland verfügten die Menschen lediglich über durchschnittlich 95.000 Euro, was unter anderem daran liege, dass Aktien und Aktienfonds noch keine große Rolle in der Altersvorsorge spielten. In den USA sind die „Individual Retirement Accounts“ mit einem durchschnittlichen Aktienanteil von 65 Prozent dagegen die zentrale Säule der Altersvorsorge. In Frankreich sparen mit dem „Plan épargne retraite“ mehr als zehn Millionen Franzosen für das Alter. Der Aktienanteil beträgt dort im Schnitt 54 Prozent.
In den laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD spielen Aktienmodelle, die die Rente unterstützen könnten, bislang allenfalls eine Nebenrolle. Seit die FDP nicht mehr dabei ist, ist es um das Thema Aktienrente still geworden, angesichts der augenblicklichen Lage an den Märkten wäre das Thema sicher auch kein Selbstgänger und könnte umgekehrt in den Ländern mit hohem Aktienanteil in den Altersvorsorgeplänen Nachdenklichkeit auslösen.
Dennoch gibt Fey die Parole aus: „Ruhe bewahren und weiter der grundsätzlichen Strategie eines Aktieninvestments folgen. Das heißt langfristig, breit gestreut und kontinuierlich investieren“ Nur das Geld, das nicht kurzfristig gebraucht werde, sei am Aktienmarkt richtig investiert. Und wer plane, sein Aktien-Vermögen zu versilbern, müsse rechtzeitig in risikoärmere Anlagen umschichten. Wie lange es dauert, bis Erholung in Sicht ist? Darauf will sich Fey nicht festlegen. „Jeder Kurseinbruch“, sagt er, „hat seine eigene Geschichte.“
Dieser Beitrag erschien in Kooperation mit "Business Punk".