ARD-Doku zu unserer Kriegsangst: Beste Szene hat Anne Will mit Putin-Botschafter

Auf dem Meeresgrund vor der englischen Küste entdeckt die Marine Spionage-Sensoren. In Deutschland spricht sich die geschäftsführende Innenministerin Nancy Faeser dafür aus, aufgrund der „sicherheitspolitischen Lage“ Zivilschutz-Übungen einzuführen, damit Schüler für „den Ernstfall“ lernen – kurz: Schulen sollen Kinder auf Kriegsgefahren vorbereiten.

Das Innenministerium erneuert seinen Appell, dass jeder zu Hause Vorräte „für mindestens 72 Stunden“ anlegen sollte „zur Vorbereitung auf kriegsbedingte Krisen“. Der Alt-Pazifist Joschka Fischer wirbt für Bundeswehr, Wehrpflicht und Aufrüstung.

Der russische Botschafter garantiert neue Aktiengewinne

Das sind nur einige Meldungen dieses Tages, an dessen Abend sich Anne Will für die ARD auf die Suche nach der Kriegsangst machen will. „Angst vor Krieg – Die Deutschen in der Zeitenwende“ heißt die Dokumentation, für die das Erste seinen besten Sendeplatz freiräumt.

Klar: Sie findet Belege. Auch klar: Sie schürt damit die Angst weiter. Leider nicht klar wird: Es gibt natürlich auch mächtige Interessensvertreter, deren allergrößtes Anliegen es ist, diese Ängste weiter und weiter zu schüren. Ist ja gut fürs Geschäft.

Wer weiterhin mit Aktiengewinnen für Rüstungsfirmen Geld machen will, kann sich herzlich beim russischen Botschafter in Berlin bedanken. Denn der macht sich mit seinen Beschwichtigungslügen verdient ums Waffen-Business. 

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Einen Bunkerplatz gibt es nur für jeden 200. Deutschen

Das Erzählmuster der ARD-Dokumentation kennen wir. Anne Will ist viel auf Reisen. Wir sehen die 59-Jährige von vorne, wir sehen sie von hinten, von der linken und der rechten Seite. Wirklich Profil zeigen wird sie am Ende der 45 Minuten, wenn sie dem russischen Botschafter entschieden entgegentritt.

Ihre erste Station ist ein Bunker-Dealer. Sein Geschäft? Er verkauft das Gefühl, „im Mindset“, so sagt er es, „vorbereitet zu sein: Okay, wir leben nicht nur in friedlichen Zeiten“.

Für 15.000 Euro gibt’s das Einsteigermodell, einen besseren Einbauschrank aus Panzerstahl. „Wir können den Bedarf teilweise gar nicht decken“, sagt er über sein Geschäft mit den Ängsten.

Die offiziellen Zahlen tragen wenig zur Beruhigung bei. Nur für jeden 200. Deutschen gibt es aktuell Platz in einem der verbliebenen 579 öffentlichen Bunker. Einsatzbereit allerdings ist davon keiner.

Noch ein paar Zahlen mehr? Sorge vor einem großen Krieg in Europa haben 56 Prozent der Deutschen. Nur 29 Prozent wären bereit, das Land mit der Waffe zu verteidigen. Aktuell stellt Russland in seiner Kriegswirtschaft geschätzte 400 Panzer her – pro Quartal. Deutschland verfügt über 313 – insgesamt.

Zu jung für eine Unterschrift, alt genug als Soldat?

Erfolge hat die Bundeswehr bei einer sehr jungen Zielgruppe. Mehr als jeder zehnte neu angeworbene Soldat in Deutschland ist minderjährig – zu jung, um eine Wohnung zu mieten, aber alt genug, um das Land zu verteidigen? Die meisten EU-Länder heuern niemanden unter 18 an.

Der Verteidigungsminister verteidigt diese Praxis: „Ich kann daran nichts Verwerfliches finden, die schießen ja nicht. Wir bringen ihnen ja nicht das Töten bei mit 17, sondern wir bereiten sie vor auf eine Ausbildung zum Soldaten. Und das ist ein sehr ehrenwerter Beruf.“

Pistorius wiederholt sein Wort von der „Kriegstüchtigkeit“

„Ich sehe uns nicht in akuter Kriegsgefahr“, beruhigt Boris Pistorius, der als Erster von einem „kriegstüchtigen“ Deutschland gesprochen hatte. „Denken Sie, Wladimir Putin würde es wirklich wagen, einen Nato-Staat anzugreifen?“, fragt Anne Will den SPD-Bundesverteidigungsminister.

Die Antwort gibt Pistorius nicht. Lieber weicht er ins Allgemeine aus und wiederholt noch einmal das Wort von der Kriegstüchtigkeit. Die Gefahr eines russischen Angriffs auf Deutschland dürfte überschaubar sein – zu sehr hat sich Russland schon mit der Ukraine verhoben.

Anders sieht es an der Ostgrenze der Nato aus. Von dort liefert die litauische Verteidigungsministerin der ARD-Dokumentation ein beunruhigendes Bild. „Es geht nicht um unser Land“, sagt sie, „es geht um das Nato-Gebiet. Egal an welcher Stelle ein Boot getroffen wird – es wird untergehen, wenn es nicht gesichert ist.“

Wir spinnen einfach alle. Findet Russlands Botschafter

Wie das Spiel mit Beschwichtigung und Bedrohung funktioniert, führt Sergej Netschajew in Perfektion vor. Der russische Botschafter in Berlin macht das schon in seiner Begrüßung deutlich.

„Keine Sorge, ich beiße nicht – heute“, sagt er, als er Anne Will die Hand schüttelt. In diesem Ton redet er weiter. „Wir betrachten uns – bis jetzt – nicht im Kriegszustand“, erfährt der Zuschauer.

Und als die 59-Jährige fragt: „Müssen die Deutschen Angst vor Russland haben?“, gibt der Botschafter zur Antwort: „Ich glaube nicht.“ Und er wiederholt es noch einmal: „Ich glaube nicht.“

Wie glaubwürdig Sergej Netschajew ist, macht er mit seiner Leugnung jeder Kriegsschuld deutlich: „Wir haben diesen Krieg überhaupt nicht angefangen.“ Da widerspricht die ARD-Reporterin in anerkennenswerter Deutlichkeit.

Möglicherweise ist sie ja auch Opfer dieser merkwürdigen Krankheit, die der russische Botschafter in Berlin diagnostiziert: „Die Menschen sind angesteckt von einer militaristischen Psychose. Das nenne ich eine Hysterie.“ Er trägt dazu bei. Bangemachen gilt eben doch. 

Über den Autor - Josef Seitz

Politik ist viel mehr als das, was Politiker sagen. Davon ist Josef Seitz überzeugt. Er hat eine Regionalzeitung geleitet und ein Medien-Fachmagazin, war in der Chefredaktion einiger der großen Fernsehzeitschriften, Ressortleiter und Textchef beim Nachrichtenmagazin FOCUS. Für FOCUS Online begeistert er sich für das, was Politik auch sein kann: ein Thema, das alle angeht.