Telematikinfrastruktur: Anschluss von der Pflege bis Juli ist "illusorisch"

>Bis zum 1. Juli 2025 müssen mehr als 30.000 Pflegeeinrichtungen an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen sein. Laut Informationen des Bundesverbands Gesundheits-IT (Bvitg) sind bisher jedoch nur ein Bruchteil an die TI angebunden. Das geht aus einer Umfrage des Verbands und der opta data Gruppe unter 251 befragten Einrichtungen hervor.

Informiert sind die meisten

92 Prozent der befragten Einrichtungen sind demnach über die verpflichtende Anbindung an die TI informiert. Jedoch haben lediglich etwa 33 Prozent, knapp 12.000 Einrichtungen, einen elektronischen Institutionsausweis (SMC-B) beantragt, der für die Anbindung an die TI notwendig ist. Noch geringer sind die Zahlen bei der Anbindung an den E-Mail-Dienst KIM (Kommunikation im Medizinwesen), hier wurden lediglich etwa 2000 Adressen vergeben. Laut Bundesverband müssten "in nur vier Monaten [...] etwa 27.000 Pflegeeinrichtungen eine SMC-B beantragen und noch über 34.000 Pflegeeinrichtungen an den KIM-Fachdienst angeschlossen werden".

Fristen bei TI-Diensten werden regelmäßig gerissen

Die Gründe für die Verzögerung sind der Umfrage zufolge unterschiedlich. 80 Prozent der befragten Einrichtungen gaben an, dass ihnen vor allem Schulungen, Anleitungen und Service fehlen. "Bisher ist nicht eine einzige Umsetzung der Fachdienste fristgerecht umgesetzt worden. In der täglichen Beratung wird deutlich, dass niemand an die vorgegebenen Startdaten glaubt und sich der größte Teil der Einrichtungen deswegen nicht traut, Investitionen vorzunehmen," sagt dazu Wolfgang Voßkamp vom Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad), der die Umfrage ebenfalls unterstützt hat. Zu weiteren Unterstützern gehören der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe und der Deutsche Pflegerat.

Die Wahrscheinlichkeit, dass bis zum 1. Juli 2025 alle ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen an die TI angeschlossen sein werden, erscheint laut Voßkamp "illusorisch". Zudem werde die andauernde Unzuverlässigkeit der Umsetzung der Fachdienste als großes Hindernis gesehen. "Die Umfrage hat unseren Eindruck bestätigt, dass die Anbindung der Pflege an die Telematikinfrastruktur nicht mit – sondern nebenher gedacht wird. Bei den Herausforderungen, die Pflegeeinrichtungen momentan zu stemmen haben, nicht verwunderlich. Hier müssen die Einrichtungen dringend besser informiert und auch praktisch in der Umsetzung unterstützt werden", so Bvitg-Geschäftsführerin Melanie Wendling.

"Ein Grund für die mangelnde Akzeptanz ist, dass die Telematikinfrastruktur bisher meist aus der Sicht der Medizin und nicht auch aus der Sicht der Pflege und anderer Gesundheitsberufe gedacht wurde. Wir brauchen weitere auch verbindliche Funktionen, die einen unmittelbaren Nutzen für die Pflege bringen – etwa den TI-Messenger für die Kommunikation mit den Angehörigen", erklärt dazu Bruno Ristok, Geschäftsführer der Computer und Software GmbH.

Immer wieder hatte sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die Pflege bei der Digitalisierung vernachlässigt wird. Ein großes Problem ist nach wie vor, dass E-Rezepte bei der Versorgung von Pflegeheimbewohnern aktuell aufgrund des Zuweisungsverbots nicht von Ärzten mittels KIM direkt an die Apotheken übermittelt werden dürfen. Diesbezügliche Änderungen könnte es laut Deutscher Apotheker Zeitung mit dem Apotheken-Reformgesetz geben. Dann könnten Apotheken mit Heimversorgungsvertrag mit Ärzten entsprechende Absprachen treffen.